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Bin ich etwa klein groß? Oder dumm schlau? Warum soll ich dann skinny fat sein! Mein Anglizismus des Grauens. Nicht nur, weil es doof klingt, sondern weil es doof ist: Eine Wortschöpfung aus dem Gegenteil macht keinen Sinn – vor allem weil es die Unsicherheit, die Orientierungslosigkeit und die Scham schürt.

Zum ersten Mal begegnete mir der Nonsens am Rande eines Shootings. Das Model – wohlgemerkt 52 Kilo schwer – sagte, dass sie dringend ihr Skinny Fat loswerden will. Ich habe erst gar nicht verstanden, was sie meint, bis sie die Haut ihres Bauches so zusammendrückte, dass sie zwischen Zeigefinger und Daumen ein Röllchen erzwang.

Es ist wie mit allem: Sobald es im Kopf ist, begegnet man sich ständig. Irgendwann kam mir der Begriff dann in einem Magazin unter, dann bei internationalen Online-Magazinen. Seit jeher sehe ich Tipps von Frauentiteln gegen das böse böse Skinny Fat.

Wie kann es sein, dass Frauen mit Kleidergröße 36 nun sogar an ihrem Schlanksein noch das Fett suchen? Ich finde das scheiße. Oder besser gesagt erschreckend.

Erklärt wird der Begriff im Netz so: Skinny fat sind Männer und Frauen, die zwar in Kleidung schlank aussehen, aber im Bikini angeblich nicht mehr. Denn Menschen, die skinny fat sind, besitzen einen sehr geringen Muskelanteil, aber dafür einen umso höheren Fettanteil.

Also bin ich es auch. Ich dachte bis dato, ich sei schlank und von daher von der Gesellschaft als „normal“ eingestuft. Dadurch dass ich aber nicht durchtrainiert bin, gehöre ich nun nicht mehr zu den coolen Kids dieser Welt. Leider treffe ich mich dafür mit meinen Freunden lieber zum Pasta essen, als diese gemeinsam beim Sport zu verteufeln.

Der Druck auf den Körper wird immer größer. Es reicht anscheinend nicht, dass es bei jedem dritten Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren Hinweise auf eine Essstörung gibt.

Eine repräsentative Umfrage des Marktforschungsinstituts GfK Gesellschaft für Konsumforschung besagt, dass sich 39 Prozent der Frauen und ein Viertel der Männer in Deutschland unwohl mit ihrem Körper fühlen. Schlankheit stehe inzwischen direkt beruflichem Erfolg und einem hohen sozialen Status.

Die meisten Berichte über das ach so krasse Körper-Phänomen werden übrigens geziert mit Model Kate Moss oder Schauspielerin Mischa Barton. Ich frage mich, seit wann denn die Zeiten, in denen man Vorzeigefrauen feiert, vorbei sind? Dann bin ich stehengeblieben, ich tue das nämlich immer noch und denke mir, dass ich mich glücklich schätzen könnte, wenn ich mit 42 so aussehen würde wie die heiße Britin. Ich finde, Fettpolster sind nicht der Feind, es sind Begriffe wie skinny fat und ihre Propagandisten.

Foto: Christopher Campbell