Jen Martens ist eine tolle Gesprächspartnerin. Sie ist schwarz und stolz. Laut dem African Heritage Magazin gehört sie zu den 100 einflussreichsten deutschen Afrikanern. Sie moderiert beim Hamburger Sender Tide „Afrika Outlook“ –  und mit ihrem liebevollen Blog frolicious.de hat sie sich international einen Namen gemacht, weil sie das Afrikanisch-Sein feiert und zur Style-Ratgeberin für die schwarze Community wurde. Und weil Jen eine Frau ist, die auch mit den Augen lacht, haben wir sie gebeten, einen Kommentar zu den bleichen Oscars am Wochenende zu schreiben. Here she goes:

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This weekend will be…WHITER THAN THE OSCARS. Damit kündigte die New York Post im Januar einen Schneesturm an der Ostküste an. Ein satirischer Gag, so gut wie bitter. Und gar nicht zum Lachen: Es ist das zweite Jahr in Folge, dass die Academy of Motion Picture Arts and Sciences überwiegend weiße Kandidaten für den weltweit wichtigsten Filmpreis nominiert hat. Die Oscars sind schneeweiß und das hat nichts mit dem Wetter zu tun.

Diversität steht bei der Academy nicht hoch im Kurs: Man braucht fast eine Lupe, um den einzigen Afroamerikaner, Sänger The Weeknd, auf dem Bild der Nominierten zu erkennen. Es ist ein Suchbild. Man sucht vergeblich nach Fairness.

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Glaubt man den Oscar-Nominierungen 2016, gibt es keine guten Filme mit schwarzen Schauspielern oder von schwarzen Regisseuren. Hallo? Hätten es nicht Filme wie „The birth of a nation“ von Nat Turner, „Creed“ von Ryan Coogler mit Micheal B. Jordan, „Beasts of No Nation“ mit Idris Elba oder „Straight Outta Compton“ verdient, auch nominiert zu werden?

Wer bitte ist diese Jury der Academy? Wer trifft diese Entscheidungen über die höchste Auszeichnung für Filmschaffende? All diese Fragen schwirren mir durch den Kopf: Laut der Los Angeles Times liegt das Durchschnittsalter der über 7.000 Jurymitglieder bei 63 Jahren. 76 % sind Männer, unfassbare 94 % sind weiß und nur 2 % der Mitglieder sind Afroamerikaner. Von den über 7.000 Jurymitgliedern ist nur noch die Hälfte aktiv im Filmgeschäft tätig. Die Mitgliedschaft gilt auf Lebenszeit. Diese Info muss ich erst einmal sacken lassen…

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Nach all dem, was ich herausgefunden habe, ist es nicht verwunderlich, dass keine Vielfalt herrscht, wenn innerhalb der Jury auch keine Vielfalt vorhanden ist. Wie sollen sich alte und dazu noch weiße Männer, die wahrscheinlich steinreich sind, auf den Film „Straight Outta Compton“ einlassen?

Schauspielerin Jada Pinkett-Smith und ihr Ehemann Will Smith sowie Regisseur Spike Lee boykottieren deshalb das weiße Fest in diesem Jahr und werden nicht teilnehmen. Der Hashtag #OscarsSoWhite – aktuell 11.301 Bilder bei Instagram, wurde zur Schlag-Raute der weltweiten Empörung. Auch in Deutschland sind die Afro-Kreativen enttäuscht. Schauspielerin Liz Baffoe sagte mir: „Es sollte immer nur die Leistung gewürdigt und anerkannt werden, egal welche Herkunft der Künstler hat“, ihre Kollegin Dayan Kodua sieht das genauso: „Es ist wichtig, dass sich jeder Mensch in den Figuren der Filme sehen kann. Die Welt ist nun mal bunt, und unsere Kinder sollen auch sehen, dass die Welt nicht nur weiß ist“. Drei Schauspieler, eine Meinung: „Die Filmindustrie muss langsam erkennen, dass Forderung nach Vielfalt keine Einschränkung bedeutet, sondern vielmehr die Lösung ist, für das Dilemma zwischen dem Druck einen finanziell, erfolgreichen Film zu machen, den das Publikum interessiert und dem Aussterben von Genrefilmen“, erklärt mir Jerry Kwarteng.

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Die #OscarsSoWhite Vorwürfe haben immerhin bewirkt, dass sich in Zukunft etwas ändern wird. Es werden neue Regeln aufgestellt: Unter anderem ist angedacht, dass eine Mitgliedschaft in der Jury auf 10 Jahre beschränkt wird und dass sich bis 2020 die Anzahl von Frauen und Minderheiten in der Jury der Academy verdoppelt. Weiterhin berichtet die Los Angeles Times, dass eine Verlängerung der Mitgliedschaft nur möglich sei, wenn derjenige weiterhin im Filmgeschäft aktiv tätig ist.

Auch wenn es noch etwas dauert: Ich freue mich auf eine Zukunft mit mehr Schwarzen unter den Nominierten und hoffentlich auch unter den Gewinnern. Die diesjährige Show wird vom afroamerikanischen Comedian Chris Rock moderiert, der sich bestimmt zu diesem Thema äußern wird. Die Kommentare werde ich mir nicht entgehen lassen.

Fotos: Flo Birch, Steve Thomas, Instagram