IngridNewkirk

Eine Frau, die militant bis ans Äußerste für Rechte kämpft – eine passendere Interviewpartnerin für das erste Lebenszeichen von Brainbitch hätten wir uns nicht wünschen können: Ingrid Newkirk, die Gründerin der Tierschutzorganisation PETA polarisiert. Die Regierungen der Welt stehen mit der Herzblut-Aktivistin immer wieder auf Kriegsfuß, die Tierschützer hingegen verehren sie. Sie wurde mehr als 20 mal verhaftet, badet gern öffentlich in Kunstblut und fordert in ihrem Testament, dass ihr Körper auf den Grill geworfen wird – es soll ein menschliches Barbecue veranstaltet werden. Viele Interviews gibt sie nicht, wenn dann spricht sie in Amerika mit dem Time Magazine oder mit Forbes. Und jetzt mit uns!

Frau Newkirk, erinnern Sie sich eigentlich noch an den Geschmack von Fleisch?
Ich bin jetzt 65 und ich habe mit 21 aufgehört, Fleisch zu essen. Theoretisch erinnere ich mich an den Geschmack. Aus Versehen hat man mir auch mal in einem Restaurant vor ein paar Jahren nicht den pflanzlichen Hühner-Ersatz aufgetischt, sondern echtes Hühnchen – mir wurde so schlecht. Ich fand es einfach eklig. Und ich muss zu den Fleisch-Essern sagen: Wenn ich reise, sehe ich viele angefahrene Tiere und das sieht aus wie Hamburger. Also warum kratzen die Menschen das nicht von der Straße, wenn sie Fleisch essen wollen. Bitte, macht Zwiebeln drauf und genießt es. Dagegen habe ich nichts einzuwenden, das Tier hatte ein freies Leben und einen schnellen Tod.

Sie baden in Blut oder bewerfen Pelzträger mit Mehl und Farbe, sie haben viele extreme Aktionen gemacht. Gibt es etwas, was sie in über 35 Jahren Arbeit für Peta bereuen?
Es gibt nichts, was ich bereue. Jede Provokation hilft, um eine Diskussion anzufeuern. Und sogar wenn die Leute sagen ‚Das hätte sie nicht machen dürfen‘, dann reden sie darüber. Hätten wir die Dinge nicht so angegangen, hätte keiner darüber gesprochen und nichts hätte sich verändert.

Für ihre Kampagne, in der sie Tiere in der Massenhaltung mit Holocaust-Opfern vergleichen, bekamen sie heftige Kritik…
Das ist in meinen Augen nicht extrem. Für mich gibt es keinen Unterschied zwischen Tieren und Menschen, nur für die Menschen die einen Unterschied machen, ist das alles extrem. Es ist aber die Wahrheit: Die Tiere werden abtransportiert, ausgebeutet, umgebracht. Und wir wollen eine gläserne Wand errichten, dass das den Menschen klar wird: Würde man so grausam zu Hunden oder Katzen auf offener Straße sein, gäbe es einen Aufstand und die Menschen würden den Tieren helfen. Aber was verborgen abläuft, stört dieselben nicht. Die Affen, die Kühe, die Hühner – alle haben die gleichen Rechte, wo liegt der Unterschied zu Hunden und Katzen?

Gibt es einen ignoranten Prominenten ganz oben auf der Liste, den Sie bekehren wollen?
Ich will alle bekehren, die es noch nicht verstanden haben. (lacht)

Ich habe zum Beispiel ein Video von einer Mehl-Attacke auf Kim Kardashian gesehen…
Ein Mitarbeiter bewarf sie mit Mehl, weil er so sauer auf sie war – sie trägt so viel Pelz und Leder. Sie hat ein kaltes Herz. Ich hoffe, dass sie nun als Mutter etwas mehr nachdenkt und ihr Herz öffnet.

Ihr Mann Kanye West hat ja sogar eine Leder- und Pelzkollektion entworfen…
Er versteht nicht, dass er ein Tier ist. Kanye West denkt, dass er ein Gott ist. Deshalb buhen ihn die Leute auch aus, weil er so breitspurig ist. Ein bisschen Bescheidenheit würde ihm gut tun. Er sieht so doof aus in seinem Pelz, er sieht aus wie eine alte Dame, die dazu noch fett ist. Und wenn Kanye damit in den Regen geht, dann stinkt er. Er dachte wohl, dass er mit seiner Kollektion schocken muss. Das meinen ja viele Designer und merken aber nicht, dass sie verzweifelt wirken.

Hat er denn mal auf ein Schreiben oder einen Kontaktversuch von PETA geantwortet?
Er antwortet nicht. Er ist in seinem eigenen kleinen Eine-Person-Universum.

Haben sich Designer und Stars auch schon verändert und sich für Ihr unbedachtes Verhalten entschuldigt?
Viele! Unsere Kampagne über Angora mit den schreienden Hasen, denen das Fell am lebendigen Leibe abgerissen wird, können sich die meisten Menschen nur 2 Sekunden anschauen – darauf hin haben viele große Firmen wie H&M versprochen, dass sie nie wieder Angora benutzen werden. Viele Designer konnten wir bekehren und einige Stars tragen jetzt falschen Pelz. Beyoncé zum Beispiel. Und sie hat mit einer veganen Diät, einige Kilos für ihre Tour abgenommen. Jay-Z auch. Zur Hochzeit haben wir den beiden eine Bettdecke aus falschem Pelz geschenkt und sie waren ganz happy und  haben sich sehr lieb bedankt. Und zur Geburt der Kleinen bekamen sie von uns vegane Strampler mit der Aufschrift „I am an elifriend“ und einem Elefanten drauf oder mit „I don’t eat my friends“.

Im zweiten Teil unseres Interviews spricht Ingrid über ihren skurrilen letzten Willen und über die Herausforderungen von PETA. Es bleibt spannend…