Im zweiten Teil unseres Interviews mit Transgender-Model Pari Roehi (26) sprechen wir über die Verwandlung von Brucer Jenner zu Caitlyn Jenner, Zeitgeist Transsexualität, über Vorbilder, Brainbitches und die lange Episode mit ihrem Pass. Sie hat das Wort.
Was sagst du zu Caitlyn Jenner?
Ich finde das natürlich super stark. Vor allem auch toll, wie die Familie damit umgeht und wie viel Aufklärungsarbeit sie leistet. Durch ihre Reality-Show und die Öffentlichkeit beantworten sie Fragen, die jeder hat. Sie ist classy damit umgegangen. Anfangs dachte ich ‚Die Kardashians? Hoffentlich wird das nicht ins Lächerliche gezogen und am Ende ein großer Witz‘. Aber nein, es gab kein Spielraum für dumme Scherze. Und auch Amerika hat das toll gemacht. Allerdings sah die Berichterstattung in Deutschland anders aus: Ich finde es traurig, dass man hier immer einen Skandal suchen muss, anstatt mal zu sagen, dass sie Mut bewiesen hat und dass man sich für sie freut. Da muss immer etwas Bissiges mitschwingen. Hier wurde das doch auch groß in den Schlagzeilen gebracht, dass sie eigentlich ihre Medaille abgeben müsste, weil sie die ja als Mann gewonnen hat. In Deutschland werden Leute demotiviert, nicht angespornt.
Transgendermodel Hari Nef ist in der Vogue, Laverne Cox war auf dem Cover des „Time“-Magazins – hast Du das Gefühl, dass Transgender Zeitgeist ist und kein Hindernis für beruflichen Erfolg?
Die Moderevolution war schon vor ein paar Jahren. In der Fashionwelt sind Transgender-Models schon lange angekommen. Aber in anderen Bereichen geht es gerade los und da ist zum Glück eine Welle losgetreten worden: Jetzt haben wir Transfrauen, die Karriere in allen möglichen Bereichen machen – außerhalb der Modeinszenierung. Schauspielerinnen, aber auch ganz andere Berufe wie Pilotinnen oder Bankerinnen sind jetzt an der Reihe. Wir mögen auch ernstere Jobs, also her mit dem Präsidententitel. (lacht)
Du warst mit Laverne Cox im Candy Magazine…
Ja, das ist so toll! Ich bin ausgeflippt, als ich die Fotos gesehen habe, das ist eine große Ehre mit ihr in der Transgender Ausgabe zu sein.
Gibt es Situationen, in denen du dir wünscht ein Mann zu sein?
Ich habe mein ganzes Leben dafür gekämpft, eine Frau zu sein, deshalb fällt mit die Antwort darauf nicht schwer. Natürlich verdienst du in vielen Berufen als Mann immer noch mehr.
Was steht eigentlich in deinem Pass?
Das ist die schönste Nachricht seit langem: Ich habe 26 Jahre lang gewartet, bis ich einen Pass mit dem richtigen Geschlecht habe. Wir hatten mindestens 10 Jahre einen großen Kampf mit den Behörden – und nun habe ich endlich einen Pass, der mich offiziell als Frau ausweist. Auch wenn es sich blöd anhört, aber das ist eines der besten Gefühle der Welt. Ich bin als Mensch anerkannt. Ich bin so glücklich, dass ich schon Reisen plane. Ich möchte unbedingt mit meinem Freund nach Amerika. New York, L.A., Las Vegas. Wir haben schon so lang keinen Urlaub mehr gehabt, aber bald nehmen wir uns ganz viel Zeit.
Du hast schon einige Kämpfe ausgetragen.
Verletzen dich Reaktionen oder Situationen noch?
Ich mache mir die Welt, so dass sie für mich passt. Ich arbeite mit toleranten Menschen und am Ende des Tages, muss ich wissen, was in meiner Hose ist. Es ist mir mittlerweile egal, was die Leute sagen. Wenn es mich immer beschäftigen würde, wenn jemand was Blödes über mich sagt, dann würde ich meine Zeit nur mit heulen verbringen und dann würde ich nichts in meinem Leben erreichen. Deshalb gehe ich mit einer positiven Einstellung durch das Leben und ebne mir Wege.
Hast du diese Einstellung von deiner Mutter gelernt?
Ich habe viel von ihr gelernt, vor allem Toleranz und Akzeptanz. Ich liebe sie über alles. Wir haben ein normales Mutter-Tochter-Verhältnis. Einmal im Monat schreien wir uns auch an. Aber ich habe eine supercoole Mama, die unglaubliche Menschen (zwei Brüder) auf die Welt gebracht hat. Ich sage immer zu ihr ‚Du bist auf die Welt gekommen, um Mama zu sein.‘
Was zeichnet für dich eine Brainbitch aus?
Eine Frau, die Weiblichkeit als Stärke sieht und die Sinne nutzt. Es ist okay, mit Sexappeal zu spielen, aber mache es mit Klasse. Wir sind so emotional, sensibel und clever, damit kann man viel erreichen. Deswegen ist eine Brainbitch auf jeden Fall eine Frau, ein Mann wäre ein Brainrobot (lacht).
Wer sind für dich weibliche Vorbilder?
Abgesehen von Barbie? (lacht) Maya Angelou und Oprah Winfrey.
Fotos: Robertina Jeno
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