Riani

Tuscheln raunt durch die Reihen der Riani Show auf der Mercedes Benz Fashion Week – ein Geflüster, das das 14-Jährige Model schon sein Leben lang begleitet. Es geht um Anna Ermakowa, das Ergebnis von Boris Beckers Besenkammer-Affäre, das Produkt des angeblichen Samenraubs. Bei „Mega Models“ ist sie nun unter Vertrag und ihre sonst so zerissenen optischen Schwächen werden nun zu Stärken. Die großen Kuller-Augen, die prallen Lippen, das rote Krausehaar und die langen Beine machen sich nämlich gut in der Sedcard.

Es gab kaum ein Baby, das mehr vom öffentlichen Auge ins Visier genommen wurde. Abgesehen vom Tratschen über die pikante Zeugungsgeschichte, war die Öffentlichkeit der Meinung, dass dieses Kind nicht gerade mit Schönheit gesegnet wurde, naja eben ein weibliches Abbild von Boris Becker. Jetzt ist sie Model. Bäm.

Eine lange Einleitung für simple Fragen: Darf man (s)ein Kind hässlich schimpfen? Und verwächst sich das nicht eh?

Meine persönliche Anekdote dazu: Mein Freund verfiel abwechselnd in beklemmendes Gelächter und Entsetzen, als er meine Baby-Fotos sah. ‚Das bist nicht du! Sorry, aber das Kind sieht aus wie ein kleiner russischer Diktator‘. Daraufhin fragte ich meine Mutter: Fandest du mich auch hässlich als Baby? ‚Du hattest vielleicht ein bisschen wenig Haare… Aber Papa und ich fanden dich wunderschön.‘ Richtige Antwort! Oder?

Es ist schon ein Tabuthema, denn wenn eine Mama zugibt, dass sie ihren Nachwuchs am liebsten zu Dr. Mang unters Messer schicken würde, kommt das nicht gut. Die Statistik sagt: Ein Fünftel aller Eltern finden ihr Kind hässlich. Aber niemand spricht darüber. Weniger als einer von zehn würde zugeben, dass er so empfindet. In anonymen Befragungen der DailyMail gaben 18 Prozent der Eltern zu, dass sie vom Äußeren ihres Kinder enttäuscht sind. 

Nur die Hälfte der Paare reden allerdings miteinander darüber – und nur acht Prozent trauen sich damit nach draußen. Das ist ja wohl der Beweis dafür, dass schon ein Baby dem Schönheitsdruck der Gesellschaft unterliegt. Das Leben ist kein Ponyhof, es ist ein Schönheitswettberweb und wir haben alle eine Startnummer – ob wir wollen oder nicht!

„Ich kenne einige Mütter, die objektiv sagen, dass ihre Kinder nicht die schönsten sind, aber sie sie trotzdem unwahrscheinlich lieb haben. Das muss nicht zwangsläufig die Liebesgefühle eindämmen“, sagt Psychotherapeutin Stefanie Stahl zu Brainbitch. Immerhin. Also kleiner Tipp an die Mütter, die ihren Nachwuchs für ein Schattengewächs halten: Denkt einfach an Anna Ermakowa – auch euer Kind kann am Ende Hingucker sein.

                                                                                               Foto: Riani/Reichert+